07.12.2017, Kategorie Archiv

10 Jahre Potsdamer Steuerforum e.V.: Jubiläumsveranstaltung zum Thema Steuergerechtigkeit

Die 10-jährige Jubiläumsveranstaltung des Potsdamer Steuerforums e.V., die am 1.12.2017 in den Räumlichkeiten der Staatskanzlei des Landes Brandenburg stattfand, hatte die Steuergerechtigkeit zum Thema. Im Rahmen von Fachvorträgen sowie einer sich anschließenden Podiumsdiskussion wurde die Vielschichtigkeit der Gerechtigkeitsdebatte verdeutlicht: Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff (Präsident des Bundesfinanzhofs) erläuterte unter anderem Probleme, die insbesondere im internationalen Kontext zum Tragen kommen. So sei Steuerpolitik Standortpolitik, auf die insbesondere kleinere Staaten angewiesen seien. Dennoch habe man in den letzten Jahren einiges erreicht. So sei beispielsweise die Einigung im BEPS-Projekt auf Standards im Steuerrecht im Kampf gegen Gewinnvermeidung und Gewinnverlagerung ein Meilenstein für die internationale Steuerpolitik. Zu Bedenken sei aber auch, dass grenzüberschreitende Regelungen, zum Beispiel die geplante Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage auf europäischer Ebene, zulasten der Souveränität der einzelnen Staaten ginge. Einmal beschlossen, könnten diese Regelungen nur nach dem Einstimmigkeitsprinzip geändert werden, was zu einem Stillstand auf EU-Ebene führen könnte. Daneben umfasste die Steuergerechtigkeitsdebatte natürlich auch rein nationale Besteuerungsregelungen. Prof. Dr. Johanna Hey (Universität zu Köln) beleuchtete in diesem Kontext die Rolle der Einkommensteuertarife und Sondertarife. Sie zeigte die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen auf, wie beispielsweise das Gebot der Steuerfreiheit des Existenzminimums. Im Übrigen habe der Gesetzgeber jedoch einen großen Gestaltungsspielraum. Hey erklärte darüber hinaus, dass Steuertarife keine zwingenden Rückschlüsse auf die tatsächliche Steuerbelastung zuließen. Als Indikator in der Gerechtigkeitsdebatte seien sie daher ungeeignet. Der Frage der Steuergerechtigkeit im Veranlagungsverfahren ging StS Daniela Trochowski (Staatssekretärin Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg) nach. Sie warb für ein erhebungsfreundlich ausgestaltetes Steuerrecht. Vollzugsdefizite würden die Akzeptanz des Steuerrechts bedrohen. Dies führe dazu, dass die Steuermoral leide und das Steueraufkommen sänke. Als erfolgreichen Schritt führte sie daher die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens an, wodurch die Ressourcen der Finanzverwaltung deutlich besser genutzt werden könnten. Prof. Dr. David Hummel (Kabinett der Generalanwältin Kokott am Gerichtshof der Europäischen Union) nahm darüber hinaus die Steuerbefreiungen und unterschiedlichen Steuersätze in der Umsatzbesteuerung genauer unter die Lupe. Er erläuterte, so ungerecht beispielsweise der Katalog der Güter, die ermäßigt besteuert würden, auch scheinen mag. Gemessen an verfassungsrechtlichen Grundsätzen seien ermäßigte Steuersätze nicht bedenklich. Wichtig sei lediglich, dass voll substituierbare Verbrauchsgüter gleich besteuert würden. Alles andere sei dann eine rein politische Entscheidung. Die informativen Vorträge der Referenten wurden durch eine lebhafte Podiumsdiskussion, die RA/FAStR/StB Prof. Dr. Lenhard Jesse (Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Potsdamer Steuerforums e.V.) leitete, ergänzt. An dieser nahmen auch Reiner Holznagel (Präsident des Bunds der Steuerzahler Deutschland e.V.) sowie der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) RA/FAStR Prof. Dr. Axel Pestke teil. Der Austausch, an dem sich auch interessierte Studierende beteiligten, zeigte nochmals deutlich, dass das Thema Steuergerechtigkeit sehr facettenreich ist: Pestke machte unter anderem auf die Rolle der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe im Zusammenhang mit Steuergerechtigkeit aufmerksam. So leiste die Beraterschaft einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Steuergerechtigkeit. Schließlich sorge sie dafür, dass die Komplexität des Steuerrechts dem Steuerpflichtigen nicht zum Nachteil gereiche, indem sie ihn entsprechend berate. Pestke machte sehr deutlich, dass diese Unterstützung allen Steuerpflichtigen gleichermaßen zuteilwird. Dass die Gerechtigkeit des Steuersystems nicht so einfach zu definieren sei, hob Holznagel deutlich hervor. Gerechtigkeit sei eine sehr individuelle Vorstellung. Die Steuermoral habe sich bei den Steuerpflichtigen durchaus gebessert. So gelte Steuerhinterziehung keineswegs mehr als Kavaliersdelikt. Gleichzeitig habe man festgestellt, dass viele Steuerpflichtige die individuelle Steuerbelastung oftmals als zu hoch beurteilen würden. Der Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg wurde auf der Veranstaltung durch seinen Präsidenten StB Carsten Butenschön sowie seinen Geschäftsführer Syndikus-RA/StB/FAfStR Ldw. Buchst. Simon Beyme vertreten. Für den DStV nahm sein Geschäftsführer Syndikus RA/StB Norman Peters sowie die Referentin für Steuerrecht Daniela Ebert, LL.M. teil. Stand: 5.12.2017


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