04.03.2016, Kategorie Archiv Europa

EFAA-Ratssitzung in Paris: Berufsstand der Rechnungsleger und Wirtschaftsprüfer in Europa vor radikalen Veränderungen

Die gesellschaftlichen und technischen Veränderungen werden auch vor dem Berufsstand der Rechnungsleger und Wirtschaftsprüfer in Europa nicht Halt machen. Die Ratssitzung der European Federation of Accountants and Auditors for SMEs (EFAA) am 26.2.2016 in Paris unter dem Motto: „Die Bedeutung kleiner und mittlerer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungspraxen in einer sich wandelnden Welt“ zeichnete die verschiedenen Entwicklungen nach und erörterte die Auswirkungen auf den Berufsstand. Gastgeber war die französische Steuerberaterkammer unter Leitung ihres Präsidenten Philippe Arraou. In EFAA-Ratssitzungen versammeln sich Vertreter der EFAA-Mitgliedsorganisationen, um im Sinne einer „Denkfabrik“ strategische Ziele und Aufgaben der EFAA festzulegen. Insgesamt vertritt EFAA über 350.000 Berufsangehörige in Europa. Bundessteuerberaterkammer und Albanische Wirtschaftsprüferkammer neue Mitglieder EFAA-Präsident StB/WP Bodo Richardt sprach in seinem Eröffnungsvortrag über die Definition und die Bedeutung von KMU und kleinen und mittleren Praxen in Europa sowie über die aktuell größten Herausforderungen für den Berufsstand, um eine Ausgangsbasis für die Diskussionen zu geben. Anschließend wurden die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) und die Albanische Wirtschaftsprüferkammer offiziell als neue Mitglieder der EFAA begrüßt. Die Föderation kann somit die Anzahl der vertretenen Mitglieder deutlich steigern und ihren Einfluss weiter ausbauen. Bevölkerungsentwicklung und Digitalisierung werden die Gesellschaft verändern Gastredner der Ratssitzung war Prof. Franz Josef Radermacher, Mitglied des renommierten Club of Rome sowie der Global Marshal Initiative, und Experte für künstliche Intelligenz. Er stellte die ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen dar, die sich aus der massiven Bevölkerungszunahme, dem Klimawandel und dem technologischen Fortschritt ergeben werden. Radermacher warnte dabei u. a. vor der sogenannten Brasilianisierung, d. h. dem Auseinanderklaffen der Gesellschaftsschichten, auch in europäischen Staaten. Die technischen Möglichkeiten würden zu höheren Skalenerträgen und damit zu einer Begünstigung von Großunternehmen führen. Die daraus resultierende zunehmende Einkommensspreizung werde die Mittelschicht tangieren und zu wirtschaftlichen Problemen führen. Um dem entgegen zu wirken, gelte es, steuerpolitische Instrumente intelligent einzusetzen, hierbei werde die Expertise der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe sehr wertvoll sein. Fachvorträge begeistern durch Praxisnähe Paula Franco von der portugiesischen Kammer der Rechnungslegungsspezialisten OCC gab einen Einblick in die Entwicklung der Unternehmenslandschaft in Portugal und Europa, bei der – gerade in Krisenzeiten – eine verstärkte Zunahme von Mikrounternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern zu beobachten war. Die zunehmende Anzahl dieser sehr kleinen Unternehmen verändere auch den Arbeitsbereich der Berater. Sie müssten verstärkt in der Unternehmenssteuerung und –kontrolle tätig werden, um den Unternehmern mehr Freiräume für das operative Geschäft zu geben. Die gleiche Beobachtung machte auch Luc Mathiot vom französischen IT-Dienstleister Sage. Er sprach über die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Der Trend zu selbständiger Tätigkeit oder zu Mikrounternehmen werde durch Online-Plattformen wie bspw. Uber oder airbnb noch verstärkt. Im Gegenzug müssten sich Rechnungsleger darauf einstellen, dass sich gerade bei Kleinstmandanten ein Automatisierungs- und Kostendruck bei Standarddienstleistungen einstellen wird. Marie Lang, Technische Direktorin der EFAA, erläuterte die Bedeutung berufsethischer Fragen für den guten Ruf des Berufsstands. Sie machte dabei deutlich, dass berufsrechtlich bestimmte Merkmale der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe wie Integrität, Objektivität, Verschwiegenheit und Verlässlichkeit viel mit dem hippokratischen Eid der Ärzte gemein haben. Sie gab ebenso einen Ausblick auf die Ergebnisse der EFAA-Studie zum Verhalten von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern unter Druck des Mandanten. Workshops sammeln Erkenntnisse und bestimmen Richtung der EFAA Dann teilten sich die Teilnehmer zu drei mehrstündigen Workshops auf: Sie erörterten Trends in ihren Ländern und legten fest, inwiefern die EFAA hierauf reagieren sollte. In einem ersten Workshop zum Thema „Meinungsführerschaft und Ressourcenoptimierung: Wie erschließen wir das volle Potenzial der EFAA?“ ging es um intelligentes Networking: Erörtert wurde, wie sich die EFAA-Mitgliedsorganisationen und die EFAA-Dachorganisation gegenseitig bestmöglich unterstützen und ihre Zusammenarbeit zum Wohle der kleinen und mittleren Kanzleien optimieren können. In einem weiteren Workshop ging es um die Frage, welche Herausforderungen die Digitalisierung an kleine und mittlere Praxen stellt und welche Forderungen die EFAA diesbezüglich an die europäischen Institutionen richten muss. Ein dritter Workshop war der Internationalisierung kleiner und mittlerer Steuerberater- und Wirtschaftsprüferpraxen und ihrer Mandanten gewidmet. Die Ergebnisse der drei Workshops wurden jeweils dem Plenum vorgetragen und werden nun aufbereitet, um sie in die praktische Arbeit der EFAA einzubetten. Die Teilnehmer der EFAA-Ratssitzung gingen mit vielen neuen Eindrücken und Anregungen auseinander. Für den DStV wirkten dessen Hauptgeschäftsführer RA/FAfStR Prof. Dr. Axel Pestke, Rechnungslegungsexperte StB/WP Dr. Jürgen Maiß und Europareferent StB René Bittner an den Beratungen des EFAA-Councils mit. Stand: 3.3.2016


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