04.04.2018, Kategorie Archiv Steuerrecht

eGovernment: das machen unsere Nachbarn in Österreich

Die Landesvertretung Baden-Württemberg und die österreichische Botschaft Berlin luden am 12.3.2016 zur Veranstaltung unter dem Motto „eGovernment: Die digitale Schnittstelle zwischen Verwaltung, Bürger und Wirtschaft“ ein. Die informative Veranstaltung fand in den Räumlichkeiten der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin statt. Fallbeispiel Österreich – Status Quo Sektionschef Dipl.-Kfm. Eduard Müller, MBA, und Gruppenleiterin Dr. Erika Reinweber (beide österreichisches Bundesministerium der Finanzen) teilten in ihrem Vortag ihre Erfahrungen mit eGovernment mit und vermittelten einen umfassenden Überblick in die aktuellen Arbeiten und Strategien: Die zu bewältigenden Herausforderungen würden dabei zunehmend komplexer. Treiber seien unter anderem die Globalisierung sowie die Digitalisierung. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass man sowohl digitale als auch analoge Generationen unter einen Hut bekommen müsse. Als gut funktionierendes Beispiel im eGovernment-Bereich stellten Reinweber und Müller „FinanzOnline“ vor – das international ausgezeichnete eGovernment-Flaggschiff Österreichs. Es ist das eGovernment-Portal der Finanzverwaltung und zählt bereits 4,5 Mio. Nutzer. So werden bereits 66 % der Arbeitnehmerveranlagungen und 90 % der betrieblichen Veranlagungen mittels FinanzOnline abgewickelt. Das Portal bietet Nutzern viele Annehmlichkeiten. Der Zugriff auf den Steuerakt und das Steuerkonto, die Möglichkeit, neben Steuererklärungen auch sonstige Anträge einzureichen sowie eine direkte Verknüpfung zum Electronic Banking waren nur drei der Beispiele, welche die Benutzerfreundlichkeit verdeutlichten. Daneben zeigten Reinweber und Müller auch, welche Dynamik der digitale Umstellungsprozess auslösen kann. So brauchte man in Österreich zur Unternehmensgründung früher grundsätzlich die Dienste eines Notars. Trotz großen Widerstands der Notare sei dies heute nicht mehr der Fall. Aber was sei die Folge? Notare planten, künftig stattdessen eine Videoberatung für den Gründungsprozess anzubieten – neue Geschäftsfelder würden erschlossen. Dieses Beispiel verdeutlichte nach Ansicht der Referenten, welche dynamischen Chancen aus dem Digitalisierungsprozess hervorgehen können. Fallbeispiel Österreich – Ausblick Der Ausbau der digitalen Verwaltungspraxis wird weiter voranschreiten. Was sind die anstehenden Pläne der österreichischen Finanzverwaltung? Reinweber und Müller betonten, dass der Fokus auf der Umsetzung der Anwenderbedürfnisse liege. So werde beispielsweise in diesem Jahr eine interne Pilotierungsphase starten, die virtuelle Assistenten im Kundenservice für Arbeitnehmer einsetze. Hierbei bediene man sich der Technik des Cognitive Computing, d.h. des Einsatzes Künstlicher Intelligenz. Daneben werde die antraglose Arbeitnehmerveranlagung weiter vorangetrieben, so dass bereits ab Juli 2018 antraglose Auszahlungen von Steuergutschriften erfolgen könnten. Die digitalen Möglichkeiten würden aber nicht nur das Veranlagungsverfahren verändern. Auch bestehende Risikomanagementsysteme würden beeinflusst. Wo einst Menschen anhand ihres Erfahrungsschatzes eine Prüfungsauswahl trafen, werden solche Entscheidungen heute längst mit Unterstützung sog. Predictive Analytics gefällt. Das heißt, mathematisch-statistische Methoden unterstützen die Aussteuerung prüfungswürdiger Fälle. Die Möglichkeiten sind aber noch nicht erschöpft: In der nächsten Stufe wartet der Einsatz von sog. Prescriptive Analytics. Das Zusammenspiel der Erkenntnisse aus der Gesamtbetrachtung, Künstlicher Intelligenz und unsupervised Learning dürften künftig die Parameter der Risikomanagementsysteme bestimmen. eGovernment in Deutschland Nach dem spannenden Vortrag zur Situation und den Planungen des Nachbarlands moderierte Prof. Mag. Dr. Peter Parycek, Leiter des Kompetenzzentrums „Öffentliche IT“ am Fraunhofer Fokus Institut in Berlin, die anschließende Podiumsdiskussion. Als Podiumsgäste begrüßte er, neben den Vertretern aus Österreich, ORR Carsten Heins (BMF), MinDirig. Ernst Bürger (BMI) sowie Dr. Christine Brockmann (Metropolregion Rhein-Neckar GmbH). Auch in Deutschland herrsche, so Bürger, Aufbruchsstimmung, was die Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge anbelange. Das Onlinezugangsgesetz sei hierbei ein wichtiges Signal. Es verpflichte Bund und Länder, ihre Verwaltungsportale zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Auch das Verwaltungsabkommen KONSENS, welches die Softwarevereinheitlichung im Besteuerungsverfahren verfolgt, schreite voran, wie Heins berichtete. Bei aller Euphorie wird aber auch deutlich: Datenschutz und rechtliche Rahmenbedingungen könnten den Digitalisierungsprozess bremsen. Müller wies darauf hin, dass es beispielsweise in einigen skandinavischen Ländern, die gern als Vorreiter im Bereich eGovernment genannt werden, kein Steuergeheimnis gebe. Das böte eine völlig andere Ausgangslage. Auch berichtete Reinweber, dass gerade die Zusammenarbeit mit Organisationen der Privatwirtschaft in Österreich nur mittels gesetzlicher Verpflichtungen möglich gewesen sei. Was am Ende blieb, war der Eindruck, dass man trotz eventueller Schwierigkeiten auf einem guten Weg ist. Viele der österreichischen Ansätze finden sich auch in der deutschen Verwaltungslandschaft wieder. Es wird abzuwarten sein, wie sich die Politik der Verantwortung stellt, Deutschland auf einem digitalen Kurs zu halten. An der gut besuchten Veranstaltung nahmen für den DStV die Leiterin der Steuerabteilung RAin/StBin Sylvia Mein sowie die Referentin für Steuerrecht Daniela Ebert, LL.M., teil. Stand: 4.4.2018 Lesen Sie hierzu auch: Modernisierung des Besteuerungsverfahrens: Was – Wie – Warum?


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