13.11.2018, Kategorie Archiv

Familienentlastungsgesetz beschlossen: DStV kritisiert Ungleichmäßigkeit beim Kindergeld

Dem Credo „Zurück zur Sacharbeit“ folgend hat der Deutsche Bundestag einen weiteren steuerlichen Baustein des Koalitionsvertrages der Bundesregierung umgesetzt. Am 8.11.2018 fand die 2. und 3. Beratung des Regierungsentwurfs des Familienentlastungsgesetzes (FamEntlastG) statt. Nur wenige Tage zuvor, am 5.11.2018, diskutierten die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages den Gesetzentwurf unter Steuergerechtigkeitsaspekten. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) zeigte dabei Ungleichmäßigkeiten in den geplanten Neuerungen auf. DStV moniert: Anhebung des Kindergeldes kommt nicht allen Familien zugute Der DStV unterstützte in seinen Ausführungen, dass der Gesetzgeber mit dem FamEntlastG die Konsequenzen aus dem 12. Existenzminimumbericht zieht. Der Bericht zeigt, dass in 2019 und 2020 das Existenzminimum von Erwachsenen und Kindern wegen erhöhter Lebenshaltungskosten steigt. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben sind die Anhebungen des Kinderfreibetrages und des Kindergeldes geboten. Positiv wertete es der DStV, dass die Bundesregierung nicht nur das verfassungsrechtlich Notwendige umsetzt, sondern zumindest geringfügig darüber hinausgeht. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels sollte die Stärkung der Familie ein herausragendes Ziel sein. Der DStV wies allerdings darauf hin, dass aus dem Gesetzentwurf ein nicht nachvollziehbarer Nachteil für Familien mit kleinerem Einkommen resultiert. Die Neuregelungen sehen vor, dass der Kinderfreibetrag ab 1.1.2019, das Kindergeld hingegen erst ab 1.7.2019 angehoben wird. In folgender Situation würde eine Entlastung beispielsweise nicht greifen: Schließe ein Jugendlicher mit 22 Jahren am 15.6.2019 eine Berufsausbildung ab, werde er nach dem EStG anschließend nicht mehr als Kind behandelt, so der DStV. In diesem Fall profitiere eine Familie nur von dem ab 1.1.2019 erhöhten Kinderfreibetrag. Bis zum 15.6.2019 stehe einer Familie hingegen lediglich der Betrag des Kindergeldes aus dem Vorjahr zu. Die Praxis zeige, dass sich bei Eltern mit geringerem Einkommen das Kindergeld günstiger auswirke, als der Abzug des Kindesfreibetrages. In Konstellationen wie der aufgezeigten würde ein Teil der Familien ausgeschlossen und nicht von den Entlastungen profitieren. Der DStV regte daher an, das Kindergeld zeitgleich mit dem Kinderfreibetrag – ab 1.1.2019 – anzuheben. Ein zeitlicher Gleichlauf sei geübte Praxis der vergangenen Jahre. Um das Verhältnis zwischen Kinderfreibetrag und Kindergeld zu wahren, müsste die geplante Anhebung des Kindergeldes von 10 € pro Monat ab 1.7.2019 auf einen entsprechend geringeren Betrag ab 1.1.2019 angepasst werden. Weitere Anregungen zugunsten von Familien und Steuerpflichtigen Im Fokus der Erörterungen in der öffentlichen Anhörung des Deutschen Bundestages standen zudem weitergehende Entlastungen für Familien und Steuerpflichtige. Die Sachverständigen begrüßten, dass mit dem FamEntlastG eine Anhebung des Grundfreibetrags für Erwachsene entsprechend des 12. Existenzminimumberichts vorgesehen ist. Auch der auf Basis des 3. Steuerprogressionsberichts geplante Ausgleich der sog. kalten Progression traf auf die Zustimmung der Sachverständigen. Der Gesetzgeber folge mit der Verschiebung der Eckwerte des Einkommensteuertarifs der guten Tradition der letzten Jahre und passe den Tarif an die Inflation an. Allerdings gingen die Neuerungen so manch einem Sachverständigen nicht weit genug. Nach dem Bund der Steuerzahler (BdSt) handelt es sich bei ihnen überwiegend nur um das verfassungsrechtlich notwendige Pflichtprogramm. Der BdSt sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderten unter anderem einen gesetzlich verankerten „Tarif auf Rädern?, also die automatische, jährliche Anpassung des Steuertarifs an die Preisentwicklung – wie sie auch der DStV seit Jahren anregt (vgl. u.a. seine Stellungnahme S 03/12). Darüber hinaus sprachen sich unter anderem die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) und der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL) für zusätzliche entlastende Änderungen für Familien aus. Der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende seien seit mehreren Jahren nicht mehr angehoben worden. Sie würden inflationsbedingt an Wert verlieren. Eine Anpassung müsse geprüft werden. Deutscher Bundestag setzt Koalitionsvertrag um Vor diesem Hintergrund zeigte sich die Opposition sehr aktiv: Die Bundestagsfraktion der FDP griff die Ausführungen des DStV auf und brachte kurzfristig einen Entschließungsantrag zum Kindergeld ein. Sie forderte darin, dass das Kindergeld bereits zum 1.1.2019 in Höhe von 5 € erhöht wird, anstatt erst zum 1.7.2019 um 10 € (BT-Drs. 19/5583, S. 15). Darüber hinaus forderte die FDP mit einem Änderungsantrag einen „Tarif auf Rädern“, wonach die kalte Progression für Veranlagungszeiträume ab dem Jahr 2021 jährlich automatisch abgebaut werden würde (BT-Drs. 19/5607). Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen setzte sich unter anderem mit einem Änderungsantrag für Alleinerziehende ein. Danach hätte der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 1.980 € angehoben werden sollen (BT-Drs. 19/5608). Die Anträge der Opposition fanden im Deutschen Bundestag keine Mehrheit. Soweit der Bundesrat dem Gesetzentwurf zustimmt, wird demnach die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD umgesetzt: Der DStV war in der öffentlichen Anhörung des Deutschen Bundestages durch DStV-Vizepräsident StB/RB Manfred F. Klar und die Leiterin der Steuerabteilung StBin/RAin Sylvia Mein vertreten. Stand: 13.11.2018


Bisher keine Kommentare

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

74 + = 78