11.01.2018, Kategorie Archiv

Fehlende Rechtssicherheit für Steuerberater bei der Erbringung von Rechtsdienstleistungen

Die diesjährige Berufsrechtstagung des Deutschen wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater e.V. am 13.11.2017 stand unter dem Motto „Der Steuerberater als Rechtsdienstleister“. Nach einem Grußwort des Präsidenten des Bundesverbandes der Freien Berufe RA Prof. Dr. Wolfgang Ewer führte der Vorstandsvorsitzende des Instituts und Präsident der Bundessteuerberaterkammer StB/WP/RA Dr. Raoul Riedlinger in die Thematik ein. Dabei stellte er anhand zweier Entscheidungen dar, wie uneinheitlich etwa das Bundesverwaltungsgericht und das Bundessozialgericht die Vorschriften des RDG anwenden. So habe das Bundesverwaltungsgericht den Steuerberatern in Abgabenangelegenheiten weitgehende Beratungs- und Vertretungsbefugnisse zugestanden, während das Bundessozialgericht ihnen auf einem Gebiet, das für die meisten Steuerberater zum alltäglichen Arbeitsumfeld gehört – dem sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellungsverfahren – derartige Befugnisse verwehre. Diese Diskrepanz lasse es angezeigt erscheinen, einmal vertieft darüber zu diskutieren, zur Erbringung welcher Rechtsdienstleistungen Steuerberater nun befugt seien und nach welchen Kriterien sich dies richte. Im Rahmen eines Impulsvortrags stellte dann zunächst Dr. Christian Deckenbrock, Akademischer Rat am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln, die einschlägigen Vorschriften und die bunte Kasuistik zu dieser Frage dar. Dabei stellte er heraus, dass schon der Begriff der Rechtsdienstleistung nach § 2 RDG von den Obersten Bundesgerichten sehr unterschiedlich interpretiert werde: während das Bundesverwaltungsgericht eine Rechtsdienstleistung nur bei einem gewissen Maß an substanzieller Rechtsprüfung bejahe, reiche nach Ansicht des Bundesgerichtshofs bereits jede rechtliche Prüfung aus, um das Tatbestandmerkmal der Rechtsdienstleistung zu bejahen. In diesem Zusammenhang erwähnte Deckenbrock auch die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 13.10.2010, 6 U 64/10, wonach die Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars (hier: die Hilfe eines Immobilienmaklers beim Ausfüllen eines Mustermietvertrags) keine unerlaubte Rechtsberatung darstelle. Weitere Probleme sah Deckenbrock bei der Anwendung des § 5 RDG über erlaubte Nebenleistungen. Im Ergebnis stellte er fest, dass es auch nach dem Inkrafttreten des RDG im Jahre 2007 viele Graubereiche gebe, die es schwer, ja teilweise unmöglich machten, im Vorfeld zu wissen, was den Steuerberatern erlaubt und was ihnen verboten sei. Diese Aussage griff sodann im Rahmen einer Podiumsdiskussion deren Moderator, Prof. Dr. Thomas Mann, Professor für Öffentliches Recht an der Georg-August-Universität Göttingen und Vorsitzender des wissenschaftlichen Arbeitskreises „Berufsrecht“ des DWS-Instituts auf, indem er an das für Berufsrecht zuständige Mitglied des Präsidiums der BStBK, Herrn Dipl.-Ing. oec. StB Dr. Holger Stein, Vizepräsident der BStBK, die Frage richtete, wie er die Probleme der Steuerberater in Bezug auf das RDG bewerte. Dr. Stein erklärte daraufhin, auch er sehe Unklarheiten in der Interpretation des RDG, die die Praxis belasten. Diese Unklarheiten habe es auch in früheren Zeiten gegeben. Man habe gehofft, sie im Zuge der Einführung des RDG hinter sich zu lassen. Diese Erwartung habe sich aber nicht erfüllt, wie die nach wie vor uneinheitliche und nur schwer vorhersehbare Rechtsprechung zeige. Steuerberater sähen sicherlich mehr Gesellschaftsverträge als Rechtsanwälte, trotzdem dürften sie hierüber nicht beraten. Dem pflichtete Prof. Dr. Gerhard Ring, Professor für Bürgerliches Recht an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, bei. Aufbauend auf früheren Untersuchungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des RDG habe er untersucht, ob das RDG ein Mehr an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gebracht habe. Dies sei aus seiner Sicht indes nicht der Fall (vgl. Beihefter zu DStR 20/2017, S. 51ff.). Er frage sich, ob es nicht geboten sei, de lege ferenda, und zwar nicht im RDG, sondern in dem die Befugnisse der Steuerberater regelnden Berufsgesetz, dem StBerG, klare Befugnisnormen für Steuerberater zu schaffen. In Österreich seien die Rechtsdienstleistungsbefugnisse der Steuerberater neuerdings ebenfalls in deren Berufsgesetz, dem Wirtschaftstreuhändergesetz, geregelt. Daran könne man sich möglicherweise orientieren. Der Geschäftsführer der Bundesrechtsanwaltskammer RA Frank Johnigk, selbst Kommentator in dem hier diskutierten Bereich, stellte den Aspekt heraus, dass ein rechtliches Dürfen in Bereich der beratenden Berufe in der Regel auch ein rechtliches Müssen zur Folge habe, was mit haftungsrechtlichen Konsequenzen einhergehen könne. Hieran schloss sich eine interessante Diskussion des Plenums an, in der u.a. thematisiert wurde, ob ein Beratungsrecht automatisch zu einer haftungsrechtlich sanktionierten Beratungspflicht führt, ob die Rechtsprechung, wonach bei der Beurteilung von Nebenleistungen i.S.d. § 5 RDG im Rahmen der Berufsbildprüfung auch vereinbare Tätigkeiten zu berücksichtigen sind, dazu führt, dass auch hier Beratungspflichten des Steuerberaters entstehen, ob nicht angesichts der Tatsache, dass die Steuerberatung selbst Rechtsberatung ist und Steuerberater im Zuge ihrer Ausbildung mit juristischer Arbeitsmethodik vertraut gemacht werden, zumindest besondere Reibungspunkte in Bezug auf die Rechtsdienstleistungsbefugnisse der Steuerberater wie die Mitwirkung an Gesellschaftsverträgen, die Mitwirkung an Statusfeststellungsverfahren, die Mitwirkung an Verfahren des sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrechts oder an Mindestlohnberatungen de lege ferenda im Steuerberatungsrecht geregelt werden sollten. Für den DStV nahmen Vorstandsmitglied StB Dr. Andreas Zönnchen, DStV-Hauptgeschäftsführer RA/FAStR Prof. Dr. Axel Pestke, DStV-Geschätsführer Syndikusrechtsanwalt StB Norman Peters und DStV-Berufsrechtsreferent RA Christian Michel an der Tagung teil. Bild- und Tonmaterial von der zweistündigen Veranstaltung steht unter www.dws-institut.de zur Verfügung. Stand: 11.1.2018


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