15.01.2018, Kategorie Archiv

Interessanter Neujahrsempfang des Steuerberater-Verbands Köln e.V.

Ausdruck einer wunderbaren Tradition ist der alljährliche Neujahrsempfang des Steuerberater-Verbands Köln e.V. – In diesem Jahr fand er am 13.1. statt und gab den zahlreichen Gästen aus Politik, Beruf und Gesellschaft – aus der Region, aber auch aus vielen anderen Teilen Deutschlands – wieder einmal Gelegenheit zur zwanglosen Begegnung, zum Austausch von Meinungen und zu einer thematischen Bestandsaufnahme am Jahresbeginn. Verbandspräsident StB/WP Harald Elster, der zugleich Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes ist, ging in seiner Eröffnungsansprache auf die politische Lage nach der Bundestagswahl ein. Dabei mahnte er dazu, die Regierungsbildung im Interesse des Landes voranzutreiben. Demokratisch gewählte Politiker müssten zur Übernahme von Verantwortung bereit sein. – Der deutschen Wirtschaft gehe es, so Elster, erfreulich gut und dies nun bereits über einen längeren Zeitraum. Dennoch dürfe man sich auf dem Erreichten nicht ausruhen und müsse notwendige Reformen in Angriff nehmen. Elster bezog dies z.B. auf den erforderlichen raschen Ausbau des Breitbandnetzes in Deutschland. Es dürfe nicht sein, dass Deutschland hier den Anschluss verliere. Viele Steuerberatungskanzleien in ländlichen Gebieten hätten diesbezüglich mit technischen und administrativen Problemen zu kämpfen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigten. Hier müsse rasch Abhilfe geschaffen werden. – Was das am Vortag bekannt gewordene Ergebnis der Sondierungsverhandlungen von Union und SPD angeht, äußerte Elster seine Verwunderung darüber, dass der Solidaritätszuschlag nur schrittweise reduziert und nicht vollständig abgeschafft werden solle. Die Zwecke, für die der Solidaritätszuschlag im Jahre 1991 eingeführt wurde, seien inzwischen erfüllt. Da die Notwendigkeit dieser Sonderbelastung entfallen sei, sei ihre vollständige Abschaffung die einzig logische und zu rechtfertigende Konsequenz. – Weitere Ausführungen widmete Elster der Situation der Freien Berufe in Deutschland und Europa. Es sei erschreckend, wie massiv die Europäische Kommission und teilweise auch Europaabgeordnete bewährte Strukturen der Freien Berufe in Frage stellten und wie wenig die deutsche Politik dem teilweise entgegensetze. In diesem Zusammenhang nannte Elster das geplante Binnenmarktpaket der Europäischen Union, bei dem sich die Europäische Kommission mit ihren Vorschlägen trotz massiven Widerstands der Freien Berufe fast vollständig durchzusetzen scheine, und den Bericht des PANA-Ausschusses des Europäischen Parlaments, der erhebliche Auswirkungen auf die Selbstverwaltung der Freien Berufe befürchten lasse. Dem ständig entgegenzutreten und Schlimmeres zu verhindern, fordere erhebliche Anstrengungen der Freien Berufe. Aus eigener Erfahrung könne er berichten, dass heute – im Gegensatz zu früher – bereits 50 % der Lobbyarbeit auf Europa entfallen und der Anteil der nationalen Lobbyarbeit weiter zurückgehe. Dies liege daran, dass auf immer mehr Rechtsgebieten die Vorentscheidungen in Brüssel fallen, während dem nationalen Gesetzgeber nur noch die Umsetzung verbleibe. – Zu der anstehenden mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Grundsteuer bemerkte Elster, dass – für den wahrscheinlichen Fall, dass das Gericht die derzeitige Rechtslage für verfassungswidrig erklärt – schwierige Fragen auf die Politik zukommen. Zum einen werde man sehen müssen, bis wann der Gesetzgeber ggf. eine neue Regelung erlassen müsse. Zum anderen könne es aber auch Vorgaben des Gerichts geben, bis wann die neue Regelung dann umgesetzt werden müsse. Bei 25 Millionen eventuell neu zu bewertenden Grundstücken ergebe sich dann voraussichtlich eine schwer zu bewältigende Aufgabe, so dass ggf. Wert auf eine praktikable, in der Praxis auch handhabbare Neuregelung gelegt werden müsse. Dies liege im Interesse aller Beteiligten. Die Gastansprache zum neuen Jahr hielt diesmal Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff, Präsident des Bundesfinanzhofs, München. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Debatte um die Panama- und Paradise-Papers stellte Mellinghoff die generelle Bedeutung des Rechts und grundlegender, rechtsstaatlich fundierter Besteuerungsgrundsätze für ein faires und gerechtes Steuersystem heraus. Mellinghoff erinnerte in diesem Zusammenhang an die Gründung des Reichsfinanzhofs zum 1.10.1918 und schilderte wesentliche Etappen und Erkenntnisse der damit annähernd hundertjährigen Entwicklung der Finanzgerichtsbarkeit. Er erwähnte auch einen Beitrag von Flume, der bereits im Jahre 1948 vertreten habe, dass die Besteuerung nicht mehr als 50 % der Einkünfte erfassen dürfe. Er ging auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein, welches in Sachen Zinsbesteuerung das Verifikationsprinzip verankert habe. Schließlich plädierte er dafür, von der gegenwärtig häufig im Vordergrund stehenden Frage der Moralität herunterzukommen auf die Frage der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und belegte dies mit zahlreichen einleuchtenden Gedanken und Beispielen. So erinnerte er daran, dass es primär Sache der Staaten und der jeweiligen nationalen Gesetzgeber sei, ein kohärentes Steuersystem bereitzustellen, ohne dass sie dem – nicht zuletzt aus Gründen des internationalen Steuerwettbewerbs – immer nachkämen. Insofern sah der Redner z.B. ein Spannungsverhältnis zu weitreichenden Anzeigepflichten der Steuerpflichtigen oder ihrer Berater. Auch besäßen Bürger und Unternehmen grundsätzlich das Recht, ihre steuerlichen Angelegenheiten – unter Wahrung des Rechts – so zu gestalten, dass sie möglichst wenig Steuern zahlen müssen. Wo existierende steuerrechtliche Regelungen – national wie international – Regelungslücken enthielten, z.B. bei hybriden Gestaltungen oder IP-Boxen, müssten diese mit Mitteln des Rechts geschlossen werden. Außerdem müsse kriminellen Aktivitäten, wie dem USt-Betrug, entschieden entgegengetreten werden. Gäste des diesjährigen Neujahrsempfangs waren u.a. der Europa-Parlamentarier Axel Voss, mehrere Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie die Präsidenten der drei nordrhein-westfälischen Steuerberaterkammern StB Karl-Heinz Bonjean, StB Volker Kaiser und StB Reinhard Verholen. Aus den Reihen des DStV-Präsidiums und des DStV-Vorstands waren u.a. StB/vBP Ute Mascher, StB/vBP Franz Plankermann, StB/vBP Wolfgang Roth, StB/WP Marcus Tuschen, StB/WP Christian Böke, außerdem DStV-Hauptgeschäftsführer RA/FAStR Prof. Dr. Axel Pestke sowie die Hauptgeschäftsführer bzw. Geschäftsführer der Steuerberaterverbände Sachsen, Düsseldorf und Westfalen-Lippe RA Markus Hilbert, RA Günter Koslowski und Dr. Elmar Mörtenkötter zugegen. Außerdem präsent waren Vertreter anderer Kammern und Verbände, z.B. RA Dr. Friedwald Lübbert als Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Repräsentanten der gewerblichen Wirtschaft, des Handwerks und der freien Berufe, namhafte Gewerkschaftsvertreter, z.B. Thomas Eigenthaler, der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG), hochrangige Funtionsträger der Finanzverwaltung und der Finanzgerichtsbarkeit sowie Vertreter von den steuerberatenden Berufen verbundenen Verlagen, Banken und Versicherungen. So war auch der diesjährige Neujahrsempfang wieder eine Quelle der Inspiration für die weitere Arbeit an den Aufgaben und Anliegen, welche die steuer-, wirtschafts- und rechtsberatenden Berufe in Deutschland berühren. Stand: 15.1.2018


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