07.10.2016, Kategorie Archiv

Klingeln die manipulierten Kassen schon bald nicht mehr?

Mit dem Beschluss des Gesetzentwurfs zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen hat die Bundesregierung am 13.7.2016 dem Steuerbetrug durch Registrierkassen den Kampf angesagt (BT-Drs. 18/9535). Im Vergleich zum Referentenentwurf hat sich so manche Planung geändert. Der Regierungsentwurf enthält zwar positive Wendungen für die Steuerpflichtigen sowie Steuerberater. Dennoch birgt er noch immer Risiken, die die Praxis künftig belasten würden. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) setzte daher den fachlichen Austausch mit MdB Uwe Feiler, dem zuständigen Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, MdB Lothar Binding, dem finanzpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sowie MdB Andreas Schwarz, dem zuständigen Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion, fort. Zudem wird der DStV als Sachverständiger in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages den Belangen der Praxis Mitte Oktober Gehör verschaffen. Entsprechend den Ausführungen in seiner Stellungnahme S 09/16 sensibilisierte der DStV die Bundestagsabgeordneten unter anderem für die folgenden, kritischen Aspekte. Kein Spontanbesuch beim Steuerberater Wie bereits im Referentenentwurf vorgesehen, darf ein Finanzbeamter auch nach dem Regierungsentwurf bei einem Dritten, wie dem Steuerberater, ohne Vorankündigung Einsicht in die Unterlagen des Steuerpflichtigen nehmen, wenn die Unterlagen bei ihm aufbewahrt werden. Die Gesetzesbegründung schränkt diese Ermächtigung zwar auf die Fälle der Außenprüfung ein. Angesichts der Offenheit des Gesetzeswortlauts kann das Recht zur unangekündigten Einsichtnahme auch für alle Fälle der Nachschauen oder Sonderprüfungen gelten. In letztgenannten Fällen kann die geplante Ermächtigung gravierende Folgen für die Kanzleiabläufe haben. Aus berufs- sowie datenschutzrechtlichen Gründen müssen bei Prüfungen von bestimmten Mandantenunterlagen die Daten der Mandanten geschützt werden, die nicht von der Einsichtnahme betroffen sind. Zur Einhaltung der rechtlichen Pflichten müssen dem Finanzbeamten beispielsweise separate Kanzleiräume zur Verfügung gestellt werden, in die die betroffenen Akten zu transportieren sind. Insbesondere in kleinen Kanzleien mit wenigen Mitarbeitern und einer geringen Anzahl von Räumen sind die Strukturen nicht auf solche Spontanbesuche eingerichtet. Die organisatorischen Vorkehrungen ad-hoc zu schultern, bedeutet gerade für sie eine erhebliche Belastung. Der DStV setzt sich daher für eine Gesetzesänderung ein, die die berufsrechtlichen Pflichten berücksichtigt. Zur Wahrung seiner Verschwiegenheitspflicht müsste dem Steuerberater der Spontanbesuch des Prüfers innerhalb einer angemessenen Frist angekündigt werden. Keine Rezertifizierung bei individuellen Programmierungen Unternehmer programmieren oder konfigurieren ihre Kassensysteme nach den betriebsindividuellen Erfordernissen oder aus rechtlichen Gründen. Berufsgeheimnisträger müssen beispielsweise personenbezogene Informationen schützen. Apotheker dürfen daher die patientenbezogenen Daten dem Außenprüfer nicht preisgeben. Dafür kommt das digitale Schwärzen zum Einsatz. Im Regierungsentwurf ist nach wie vor ungeklärt, ob die technische Sicherheitseinrichtung von solchen Einstellungen berührt wird. Dies kann zudem nicht beurteilt werden, da die technischen Richtlinien und Schutzprofile des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) noch nicht vorliegen. Wäre die technische Sicherheitseinrichtung in diesen Fällen betroffen, würde das Zertifikat automatisch erlöschen. Mit der dann erforderlichen Rezertifizierung entstünden weiterer Bürokratiemehraufwand sowie Kosten. Der DStV setzt sich deshalb für eine gesetzliche Klarstellung ein, nach der betriebsindividuell erforderliche Programmierungen und Konfigurationen keine Zertifizierungspflicht auslösen. Falls dieser Anregung nicht gefolgt wird, muss das vom BSI noch zu entwickelnde System technisch derartige Eingriffe zulassen, ohne dass sie als Manipulation an der Kasse klassifiziert werden. Keine gesetzliche Überschreibung der geltenden Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht Der Regierungsentwurf sieht im Unterschied zum Referentenentwurf die gesetzliche Implementierung der Einzelaufzeichnungspflicht vor. Eine Ausnahme davon enthält die Gesetzesbegründung: Die Einzelaufzeichnungspflicht gilt nicht für den Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen aus Zumutbarkeitsgründen. Damit ist in diesen Fällen beispielsweise die Aufzeichnung des Namens des Kunden nicht erforderlich. Die Einzelaufzeichnungspflicht stand zwar bisher nicht ausdrücklich in der Abgabenordnung. Sie zählt jedoch unter anderem auf Basis der BFH-Rechtsprechung zu den geltenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Auch die in der Gesetzesbegründung vorgesehene, vom BFH entwickelte und von der Finanzverwaltung aus Zumutbarkeitsgründen anerkannte Ausnahme ist eine Altbekannte. Der DStV sieht allerdings mit Blick auf die rechtliche Herleitung der Ausnahme durch den BFH in seinem Urteil aus 1966 (BStBl III 1966, S. 371) das Risiko, dass sie durch die gesetzliche Implementierung der Einzelaufzeichnungspflicht überschrieben wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit fordert er, dass die Ausnahme ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen wird. Zumindest sollte die geltende Verwaltungsauffassung zu Bargeschäften an eine Vielzahl unbekannter Personen aufrechterhalten bleiben. Positive Wendungen im Regierungsentwurf Der DStV hebt in seiner Stellungnahme positiv hervor, dass eine Reihe seiner Anregungen zum Referentenentwurf erfreulicherweise im Regierungsentwurf aufgegriffen wurden. Dazu zählen unter anderem: die Einschränkung der Zertifizierungspflicht auf die technische Sicherheitseinrichtung (womit z. B. elektronische Aufbewahrungssysteme nicht mehr vom BSI zertifiziert werden müssen), die Konkretisierung des Begriffs des „anderen Vorgangs“ in der Gesetzesbegründung, wonach „andere Vorgänge“ nur solche sind, die unmittelbar durch die Betätigung der Kasse erfolgen (z. B. Tastendruck, Scanvorgang eines Barcodes), die generelle Verschiebung des Anwendungszeitpunkts des Gesetzes auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2019 beginnen, die spezielle Verschiebung des Anwendungszeitpunkts des Gesetzes für bauartbedingt nicht aufrüstbare Kassen, die im Zuge des Auslaufens des BMF-Schreiben v. 26.11.2010 (BStBl I 2010, S. 1342; sog. „Kassenrichtlinie 2010“) vom 26.11.2010 bis 31.12.2019 angeschafft wurden oder noch werden, auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 beginnen. Stand: 7.10.2016 Lesen Sie hierzu auch: Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen DStV fordert mehr Rechtssicherheit beim Gesetzentwurf zum Schutz vor Kassenmanipulationen

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