14.02.2019, Kategorie Archiv

Öffentliche Anhörung zum Brexit: Steuerrechtlich alles in trockenen Tüchern?

Ganz gleich ob hart oder weich: Damit der Brexit nicht zu unerwünschten steuerlichen Folgen führt, hat der Gesetzgeber das Brexit-Steuerbegleitgesetz (Brexit-StBG) (BT-Drs. 19/7377) auf den Weg gebracht. Doch wurde an alles gedacht? Dieser und weiteren Fragen widmete sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 11.2.2019 in einer öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzesvorhaben. Steuerrechtlichen Nachbesserungsbedarf erkannten die geladenen Sachverständigen u. a. in folgenden Bereichen: Erbschaft-/schenkungsteuerliche Lohnsummenregelung StB Dr. Arne Schnitger (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC) und RA Berthold Welling (Verband der Chemischen Industrie e.V.) machten auf noch nicht geregelte Folgewirkungen des Brexits im Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht aufmerksam. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hatte bereits im Rahmen seiner Stellungnahme S 01/19 auf die Problematik hingewiesen: Der Verschonungsabschlag für begünstigtes Vermögen ist in der Regel an die Einhaltung der Mindestlohnsumme geknüpft. Werden die maßgeblichen jährlichen Lohnsummen innerhalb von fünf bzw. sieben Jahren unterschritten, vermindert sich der in Anspruch genommene Verschonungsabschlag. Bei der Ermittlung der maßgebenden (Ausgangs-)Lohnsumme sind alle Tochtergesellschaften mit Sitz in einem EU/EWR-Staat – und somit bislang auch britische – einzubeziehen. Sofern die Steuer vor dem geplanten Austrittsdatum am 29.3.2019 entstanden ist, könnte der Brexit dazu führen, dass die Tochtergesellschaften mangels EU/EWR-Mitgliedschaft aus der Berechnung herausfallen und die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Erfreulicherweise haben auch der Finanz- und der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats das Problem erkannt und in ihren Empfehlungen vom 1.2.2019 (BR-Drs. 4/1/19) eine Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes angeregt. Britische Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland Britische Kapitalgesellschaften wie etwa die private limited by shares (kurz: Limited) werden in Deutschland aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit als Kapitalgesellschaften anerkannt, wenn sie hier ihren Verwaltungssitz haben. Gilt die Niederlassungsfreiheit für britische Unternehmen aufgrund des Brexits nicht mehr, entfällt diese europarechtliche Grundlage. Auf Basis von Urteilen des Bundesgerichtshofs wird davon ausgegangen, dass die betroffenen Limiteds ohne vorbeugende Maßnahmen zwangsweise zu offenen Handelsgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder – bei Alleingesellschaftern – zu Einzelunternehmen werden. Mit Blick auf das Steuerrecht wies Schnitger darauf hin, dass in der Literatur mitunter die Auffassung vertreten werde, der Brexit könne zu einer folgenreichen Zwangsliquidation der Limiteds führen. Auch vor diesem Hintergrund sprachen sich Schnitger und Welling für eine gesetzliche Klarstellung aus, wonach die britischen Limiteds in Deutschland zumindest für Zwecke des Steuerrechts weiterhin als inländische Kapitalgesellschaften behandelt werden. An der öffentlichen Anhörung nahm der DStV, vertreten durch den Referenten Denis Basta, M.A., als Zuhörer teil. Hinweis: Aktuelle Entwicklungen zu diesem wie auch zu anderen Gesetzesvorhaben finden Sie in unserem Stand der Gesetzgebung. Stand: 13.2.2019 Lesen Sie hierzu auch: Entwurf der Erbschaftsteuerrichtlinien – von alten und neuen Problemen


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