25.02.2019, Kategorie Archiv

Steuerliche Forschungsförderung: Ja? Nein? Vielleicht?

Dass Forschung eine gute Sache und wichtiger Baustein für Deutschlands Attraktivität im internationalen Wettbewerb ist, da sind sich eigentlich alle einig. Bei der Frage, welche Anreize hierfür gesetzt werden sollten, gehen die Meinungen jedoch auseinander. In Deutschland gibt es bisher die Möglichkeit der direkten Projektförderung. In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags am 18.2.2019 ging es um drei Initiativen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 19/4827), FDP (BT-Drs. 19/3175) sowie AfD (BT-Drs. 19/4844) zur Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung. Die Initiativen der Oppositionsfraktionen Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlägt in ihrem Gesetzentwurf einen Forschungsbonus in Form einer Steuerermäßigung von 15 % aller Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) vor. Die Steuerermäßigung soll im Rahmen der Steuererklärung beantragt werden können. Dieser Bonus soll für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nach dem Gesetzentwurf u.a. nicht mehr als 249 Mitarbeiter beschäftigen, gewährt werden. Er soll ferner sowohl für eigene FuE-Maßnahmen, als auch für Auftragsforschung und -entwicklung in Anspruch genommen werden können. Da sich viele KMU aufgrund ihrer geringen Größe und Finanzausstattung keine eigene Forschungsabteilung leisten können, stelle die Auftragsforschung gerade für KMU eine attraktive Möglichkeit dar, ohne großen Investitionsaufwand Forschung zu betreiben – so die Begründung. In den Fällen, in denen der Forschungsbonus die tatsächlich zu zahlende (tarifliche) Einkommensteuer übersteigt, solle, entsprechend des Entwurfs, der übersteigende Betrag an den Steuerpflichtigen ausgezahlt werden. Auch die FDP-Fraktion zielt insbesondere auf die Förderung von KMU ab. Bestehende Förderinstrumente wie die Projektförderung mit direkten Mitteln würden nicht ausreichen. Sie seien für viele KMU wegen der Fülle an Auflagen, der Bearbeitungsdauer und übermäßiger Bürokratie zu unattraktiv. Laut EFI-Jahresbericht 2017 stelle der derzeitige Mangel an internen Finanzierungsquellen für 30 % der deutschen KMU ein Innovationshemmnis dar. Sie verfügten in aller Regel über eine geringere Eigenkapitalquote sowie über eine ungünstigere Liquidität. Mittels einer Steuergutschrift, die sich nach einem bestimmten Prozentsatz des Personalaufwands für FuE (Forschungsprämie) bemisst, solle eine technologieoffene, rechtssichere und bürokratiearme Forschungsförderung unterstützt werden. Damit die Unternehmen zeitnah und liquiditätswirksam ihre Maßnahmen abrechnen können, solle die Gutschrift laut FDP-Antrag bei internen Personalaufwendungen mit dem monatlichen Lohnsteuerabzug, bei externen Forschungsausgaben mit der vierteljährlichen Vorauszahlung der Körperschaftssteuer verrechnet und im Verlustfall als Steuererstattung ausgezahlt werden. Die AfD-Fraktion will den Standort Deutschland mit einer einfachen und unbürokratischen steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung mittels Steuergutschrift auf Basis des Gesamtvolumens an FuE-Aufwendungen stärken. Sie solle ferner allen Forschenden offen stehen. ? Probleme und Alternativen zur steuerlichen Forschungsförderung In der von der Ausschussvorsitzenden MdB Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten Anhörung ging es u.a. um die Frage, ob eine steuerliche Forschungsförderung überhaupt sinnvoll ist. So sah Dr. jur. Michael Balke (Finanzrichter a.D.) dies durchaus kritisch. Er monierte, der zur Diskussion stehende Gesetzentwurf sowie die vorliegenden Anträge seien zu kompliziert, lückenhaft und streitanfällig. Das zeige sich schon daran, dass für eine einzige Ermäßigung fünf Seiten Gesetzestext sowie Paragrafen von 35c bis 35i EStG-E benötigt würden. Balke forderte stattdessen, bestehende Steuerrabatte abzuschaffen, um damit Spielraum zu gewinnen, die Steuersätze für alle Steuerbürger drastisch zu senken. Dr. Heike Belitz (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) bemängelte die fehlende Lenkungswirkung einer steuerlichen Forschungsförderung. Notwendig seien vor allem risikoreiche Forschungen mit hohen Spillovereffekten, z. B. durch Forschungskooperationen. Mit einer allgemeinen steuerlichen Forschungsförderung sei solch eine Beschränkung jedoch nicht möglich. Um mehr Investitionen von KMU anzuregen, schlug sie anstelle einer steuerlichen Forschungsförderung eine Ausweitung der Projektförderung für KMU vor. Auch Univ.-Prof. Dr. Carsten Dreher (Freie Universität Berlin) schien von der steuerlichen Forschungsförderung nicht überzeugt. So sei kein Zusammenhang privater FuE-Intensität und der Höhe der steuerlichen Forschungsförderung belegt. Deutlich würde dies am Beispiel von Deutschland und Schweden. In beiden Staaten gebe es zwar keine steuerliche Forschungsförderung. Dennoch seien die Forschungsausgaben hoch. RA Carsten Rothbart (Zentralverband des Deutschen Handwerks) gab ferner zu bedenken, dass die Anknüpfung der Förderung an den Personalaufwand problematisch sei. Betriebe in der Rechtsform des Einzelunternehmens oder der Personengesellschaft generierten schließlich steuerlich gesehen keinen Personalaufwand. Außerdem stand für ihn fest: Eine steuerliche Forschungsförderung könne nur neben die existierende Projektförderung treten. Mit dieser habe man sehr gute Erfahrungen – auch im mittelständischen Bereich – gemacht. Die steuerliche Forschungsförderung: Ein Schritt in die richtige Richtung? Cedric von der Hellen (Bundesverband der Deutschen Industrie) sah gerade im Hinblick auf den internationalen Standortwettbewerb die steuerliche Förderung von FuE-Leistungen als dringend geboten. Auch Dr. Rainer Kambeck (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) erblickte in der steuerlichen Forschungsförderung ein probates Mittel, die Attraktivität des Innovationsstandorts Deutschland zu erhöhen. Allerdings standen beide einer Begrenzung der Förderung auf KMU kritisch gegenüber. Auch RA Georg Geberth (Siemens) zeigte Unverständnis darüber, dass die Forschungstätigkeit von größeren Unternehmen nicht förderwürdig sein solle. Nach seiner Auffassung gebe es keine gute oder schlechte Forschung. Vor dem Hintergrund, dass die große Koalition die gesamtwirtschaftliche Investition in FuE von derzeit 3 auf 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts steigern wolle, zeigte sich Kerstin Haase (EY) überrascht, dass Deutschland als nahezu einzige Industrienation bislang auf eine steuerliche Forschungsförderung verzichte. Die internationale Erfahrung mit diesem Instrument könne genutzt werden, um mittels einer praxisnah ausgestalteten Förderung die politischen und volkswirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Prof. Dr. Monika Schnitzer (Ludwig-Maximilians-Universität München) stellte dar, dass KMU besonders von der Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung profitieren würden. Für die Niederlande habe eine Studie aus dem Jahr 2012 gezeigt, dass eine Senkung der FuE-Nutzerkosten um 1 % viele KMU dazu veranlasst, ihre FuE-Aufwendungen langfristig um 1,1 % zu erhöhen. Großunternehmen würden ihre FuE-Aufwendungen dagegen bei dieser Maßnahme nur um 0,25 % steigern. Für den Deutschen Steuerberaterverband e.V. besuchten die Referenten für Steuerrecht Denis Basta, M.A., und Daniela Ebert, LL.M., die öffentliche Ausschusssitzung. Stand: 25.2.2019


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