16.10.2019, Kategorie Archiv

Fit für die Zukunft: Kongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Modernisierung des Unternehmensteuerrechts

Passen eine moderne und international ausgerichtete Wirtschaft und das Unternehmensteuerrecht noch zusammen? Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hegt daran Zweifel – und hat deshalb ein Modernisierungskonzept für das Unternehmensteuerrecht vorgelegt. Auf einem Kongress diskutierten Unionspolitiker die Vorschläge mit Experten auf dem Podium und dem Publikum. Der sehr gut besuchte Kongress fand am 23.9.2019 statt und bildete den Abschluss einer mehrteiligen Gesprächsreihe, in der die Grundlagen des Konzepts eingehend mit der Praxis und Wissenschaft erörtert wurden. Bei einem der vorangegangenen Gespräche war der Deutsche Steuerberaterverband e.V.(DStV) ebenfalls als Experte geladen. In seiner Begrüßungsansprache sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, MdB StB Ralph Brinkhaus, in den nächsten Jahren werde es zu umfassenden strukturellen Veränderungen der Wirtschaft kommen. Unternehmen und Politik müssten die Wirtschaft deshalb fit für die Jahre 2030/2040 machen. Hierbei spiele auch das (Unternehmen-)Steuerrecht eine Rolle. Dieses passe nicht mehr zur Wirtschaft des 21. Jahrhunderts, mahnte Brinkhaus. Insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands müsse im internationalen Vergleich gewährleistet werden. Er setze hierbei auf den fortwährenden Austausch der Union mit der Praxis. Nicht immer „draufsatteln“ In die gleiche Kerbe schlug der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier. In seiner Keynote hob er hervor, dass sich die Regeln des globalen Marktes verändern und die Wirtschaft auch steuerlich auf die nächsten 20 Jahre vorbereitet werden muss. Die Steuerbelastung von Personengesellschaften etwa sei eindeutig zu hoch – gerade im internationalen Vergleich. Deshalb sieht Altmaier u. a. bei der Regelung zur Thesaurierungsbegünstigung für Personengesellschaften dringenden Reformbedarf. Hier warte die Union auf den vom Bundesministerium der Finanzen in Aussicht gestellten Vorschlag. Er sprach sich außerdem gegen eine Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen aus. Die EU-Richtlinie für die grenzüberschreitende Anzeigepflicht müsse Deutschland umsetzen. In der aktuellen Wirtschaftssituation und in Zeiten internationaler Unsicherheit solle man jedoch darauf verzichten, bei jeder europäischen Richtlinie „draufzusatteln“. Der Wiederbelebung der Vermögensteuer erteilte Altmaier ebenfalls eine Absage. Vorstellung des Konzepts Die federführenden Autoren des Konzeptpapiers und Mitglieder der Arbeitsgruppe Finanzen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, MdB WP/StB Fritz Güntzler und MdB StB Sebastian Brehm, stellten die Eckpunkte der Reformüberlegungen vor. Mit dem Papier würden drei Ziele verfolgt, erläuterten Güntzler und Brehm: 1. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit 2. Abbau von Bürokratie 3. Verbesserung von Strukturen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit soll u. a. die Steuerbelastung auf nicht entnommene Gewinne einer Kapitalgesellschaft auf 25 % gesenkt werden. Hierfür gebe es verschiedene Wege, sagte Güntzler. Ein einfacher und mit Signalwirkung verbundener Weg wäre es – wie im Konzeptpapier vorgeschlagen – den Körperschaftsteuersatz von 15 % auf 10 % abzusenken. In dem Papier sei außerdem vorgesehen, den Solidaritätszuschlag nicht nur teilweise, sondern vollständig und damit auch für Kapitalgesellschaften abzuschaffen. Brehm ergänzte, dass zudem die Gewerbesteueranrechnung auf die Einkommensteuer weiterentwickelt werden solle. Zu diesem Zweck solle die Anrechnung auf das 4,5-fache des Gewerbesteuermessbetrags steigen (derzeit: das 3,5-fache). Ferner sei es Ziel des Konzepts, eine rechtsformneutrale Besteuerung herzustellen. Hierzu solle einerseits die Thesaurierungsbegünstigung für Personengesellschaften überarbeitet werden, sagte Brehm. Zusätzlich sehe das Papier ein sog. Optionsmodell vor, das es Personengesellschaften erlauben würde, sich wie Kapitalgesellschaften besteuern zu lassen. Güntzler und Brehm stellten außerdem Reformüberlegungen zum Außensteuerrecht, zur Senkung der steuerlichen Zinssätze sowie zur Ausgestaltung der Grunderwerbsteuer vor. Abbau von Bürokratie & Strukturverbesserungen Im Hinblick auf die Vermeidung überbordender Bürokratie lehne die Unionsfraktion in dem Papier eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen ab, stellte Brehm klar. Das Konzept sehe stattdessen zeitnahe und kooperative Betriebsprüfungen vor. Des Weiteren skizzierten Güntzler und Brehm zwei der angedachten Maßnahmen zur Strukturverbesserung. Dies betraf einerseits die steuerliche Forschungsförderung, die aktuell bereits im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren ist. Hier seien jedoch noch Fragen bezüglich der Auftragsforschung zu klären, die aus europarechtlichen Vorgaben resultierten, so Güntzler. Hinsichtlich der Verlustverrechnung sagte Brehm: Ziel des Konzepts sei es, dass 100 % der Verluste geltend gemachten werden können. Abschließend warben sie dafür, dass alle gemeinsam für die Vorschläge kämpfen müssten. Die Wirtschaft müsse ein gemeinsames Signal setzen. Podiumsdiskussion Die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, MdB StB Antje Tillmann, moderierte die anschließende Diskussion. Dr. Achim Pross (OECD) zeigte anhand zweier Berechnungen, dass Deutschland sowohl bei den nominalen als auch bei den effektiven Steuersätzen „Weltmarktführer“ sei. Im Ausland herrsche die Wahrnehmung, dass Deutschland ein Hochsteuerland sei. Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes könne deshalb durchaus Signalwirkung haben. Prof. Dr. Johanna Hey (Universität zu Köln) stimmte dem zu. Alternativ die Gewerbesteueranrechnung – wie gelegentlich in Diskussionen vorgebracht – auf Kapitalgesellschaften auszuweiten, sah Hey dagegen kritisch. Dies könne dazu führen, dass die Körperschaftsteuer irgendwann marginalisiert werde. Sie sprach sich zudem dafür aus, die Gewerbesteuer insgesamt zu reformieren. Zumindest die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen sollten abgeschafft werden, so Hey. Dr. Wolfgang Haas (BASF SE) führte u. a. aus, das Unternehmensteuerrecht müsse wettbewerbsfähiger werden. Wenngleich es langfristig gesehen tiefgreifender Reformen bedürfe, würden aktuell jedoch alle Verbesserungen des Unternehmensteuerrechts etwas nützen. Auch er vertrat die Auffassung, dass eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes für internationale Investoren leichter verständlich wäre. Allerdings könne eine Ausweitung der Gewerbesteueranrechnung auf Kapitalgesellschaften ebenfalls hilfreich sein. Der Niedersächsische Finanzminister, MdL Reinhold Hilbers (CDU), goutierte den Vorschlag einer Körperschaftsteuersatzsenkung. Hinsichtlich der Abschaffung der Gewerbesteuer wandte er ein, das Band zwischen Unternehmen und Kommunen müsse erhalten bleiben. Reformbedarf sah er bei der Gewerbesteuer vor allem im Hinblick auf die Hinzurechnungstatbestände, für deren Abschaffung er sich aussprach. Ausblick Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion möchte das Konzept zeitnah fraktionsintern beschließen. Anschließend will sie mit dem Koalitionspartner SPD ausloten, welche Maßnahmen während der jetzigen Legislaturperiode umgesetzt werden können. Für den DStV nahmen an dem Kongress die stellv. Geschäftsführerin RAin/StBin Sylvia Mein und der Referent für Steuerrecht Denis Basta, M.A., teil. Stand: 15.10.2019 Lesen Sie hierzu auch: Modernisierung des Unternehmensteuerrechts: DStV als Experte zu Gast bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion DStV-Themenseite zur Anzeigepflicht für Steuergestaltungen: Was – Wie – Warum? Forschungszulagengesetz – Feilen an Ecken und Kanten


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