21.02.2019, Kategorie Archiv Berufsrecht Europa

Whistleblower-Schutz gefährdet Berufsgeheimnis!

Mit dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vom 23.4.2018 (COM (2018)218 final) sollen Personen, die über Verstöße gegen bestimmte Regelungen des Unionsrechts berichten (sog. Hinweisgeber beziehungsweise „Whistleblower“) europaweit besser geschützt werden. Derzeit befindet sich der Richtlinienentwurf im Trilog. Nachdem das Europaparlament bereits Ende 2018 seine generelle Ausrichtung verabschiedet hatte, hat der Rat der EU im Januar 2019 nachgezogen und seine Eckpunkte verabschiedet. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) und die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) unterstützen zwar das politische Anliegen, Hinweisgebern einen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung und unverhältnismäßiger Sanktionierung zu gewähren, sie halten es dabei aber für zwingend erforderlich, dass die gesetzlich verankerte Verschwiegenheitspflicht der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht außer Acht gelassen wird. Der DStV hatte sich hierzu bereits am 30.8.2018 an das Europaparlament gewandt und aus rechtstaatlicher und berufsrechtlicher Sicht erhebliche Bedenken gegen den bisherigen Entwurf, der einen Schutz der Berufsgeheimnisse von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern nicht vorsieht, geäußert (E 13/18). Aus Sicht des DStV untergräbt der Richtlinienentwurf den Schutz von Privatgeheimnissen in Mandatsverhältnissen und so die Rechtstaatlichkeit in der Union. Dies begründet sich auf der durch Teile des Hinweisgeberschutzes bedingten faktischen Aushebelung von Verschwiegenheitspflichten einzelner Berufsgruppen. Hinweisgeber könnten demnach für die Verletzung einer beruflichen Verschwiegenheitspflicht nicht haftbar gemacht werden. Im Deutschen Kontext würde dies etwa die Anwendbarkeit des § 203 Strafgesetzbuch (StGB) über die Verletzung von Privatgeheimnissen in Bezug auf Hinweisgeber unwirksam machen. Der ursprüngliche Richtlinienentwurf sah zwar im Erwägungsgrund 69 vor, dass die Richtlinie den Schutz gesetzlicher und sonstiger beruflicher Vorrechte nach nationalem Recht, zu denen auch das Mandatsgeheimnis gehört, unberührt lassen sollte. Diese – an sich zu begrüßende – Regelung war in den Erwägungsgründen jedoch an einem zu schwachen Regelungsort verankert. Zwar hat der Rat der EU in seiner generellen Ausrichtung den Schutz des Berufsgeheimnisses in den Richtlinientext aufgenommen und wie folgt formuliert: “This Directive shall not affect the application of Union or national law on: … b) the protection of legal and medical professional privilege.” Jedoch sieht die Ausrichtung des Rates vor, dass der Verweis auf das “legal professional privilege” lediglich anwaltliche Berufsgeheimnisse umfasst. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wären somit ausgeschlossen. DStV und BStBK haben sich daher nochmals ausdrücklich für eine Gleichschaltung der rechtsberatenden Berufe im Rahmen der Whistleblower-RL ausgesprochen (E 01/19), auch, um die Kohärenz zu anderen EU-Gesetzen zu wahren. Denn im Rahmen der DAC 6-Richtlinie (Anzeigepflicht), wurde seinerzeit von Deutschland ausdrücklich zu Protokoll gegeben, dass der Begriff „legal professional privilege“ „auch das Berufsgeheimnis der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in gleicher Weise wie das der Rechtsanwälte umfasst“. Die Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV), hat in den Ratsarbeitsgruppen und nunmehr im Trilog seit langem die Position vertreten, dass der Schutz der beruflichen Verschwiegenheitspflichten auf u. a. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erstreckt werden muss. Leider steht das BMJV damit im Rat der EU aber praktisch isoliert da. Ein Grund dafür mag sein, dass viele EU-Mitgliedstaaten einen regulierten Steuerberaterberuf mit Berufsgeheimnisregelungen nicht kennen. Die EU-Kommission, diverse Mitgliedstaaten (u.a. Frankreich) und das Europaparlament haben sich ausdrücklich gegen das deutsche Anliegen ausgesprochen. Eine schnelle Einigung zwischen dem Rat und dem Europaparlament ist zu erwarten. Die Whistleblower-Richtlinie soll so noch vor der Europawahl verabschiedet werden. Der DStV wird das Vorgehen auf europäischer Ebene weiter aufmerksam verfolgen und entsprechende Gespräche führen. Er wird zudem das BMJV bei seinem Einsatz in dieser Frage unterstützen, ebenso wie bei einer zukünftigen Umsetzung der Richtlinie unterstützen. Stand: 21.2.2019


Bisher keine Kommentare

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

+ 18 = 20