12.03.2018, Kategorie Archiv

Anzeigepflicht für Steuergestaltungen: DStV-Präsident Elster Podiumsgast beim Finanzministerium Schleswig-Holstein

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein lud am 7.3.2018 zu einer Veranstaltung unter dem Motto „Anzeigepflicht für Steuergestaltungen – Instrument für mehr Steuergerechtigkeit oder Bürokratiemonster?“ in seine Landesvertretung in Berlin ein. Der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV), StB/WP Harald Elster, setzte sich auf dem Podium für die Interessen des Berufsstands ein. Insbesondere mit Blick auf die am folgenden Tag stattfindende Finanzministerkonferenz (FMK) erwarteten die Teilnehmer eine spannende Diskussion: Im November 2017 setzte die FMK eine Arbeitsgruppe (AG) der Finanzstaatssekretäre zum Thema „Pflicht zur Anzeige für nationale Steuergestaltungen“ ein. Die AG wurde beauftragt, ein Eckpunktepapier zur Einführung einer solchen Pflicht zu formulieren. Am 8.3.2018 machte die FMK Ernst: Sie fasste den Beschluss über die Pläne der Staatssekretäre und ging damit weitere konkrete Schritte in Richtung einer Meldepflicht. Schleswig-Holstein trägt Gründe vor Den Start in den diskussionsreichen Abend übernahm Dr. Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Finanzministerium Schleswig-Holstein. Er koordinierte gemeinsam mit dem Staatssekretär aus Rheinland-Pfalz, Dr. Stephan Weinberg, die AG der FMK und legte mit ihm die Formulierungsvorschläge für das Eckpunktepapier vor. Frei nach der Erkenntnis des Heiligen Hieronymus – Menschen sind unvollkommen – führte er aus: Auch Gesetzgeber seien unvollkommen. So seien Steuergestaltungen möglich, die nicht der ursprünglichen Intention unseres Gesetzgebers entsprächen. Der Gesetzgeber brauche dann die Möglichkeit, dies zeitnah zu korrigieren. Hier setze eine Anzeigepflicht an. Sie ermögliche es, den Zeitpunkt des Bekanntwerdens einer Steuergestaltung zeitlich nach vorne zu verlagern. Nimmermann bezeichnete den Entwurf der AG als einen minimal-invasiven Vorschlag. Hierzu führte er aus: Das Ziel der Anzeigepflicht solle allein rechtspolitisch sein. D.h., die Politik solle möglichst früh von Steuergestaltungsmodellen erfahren. Primär sollten Personen anzeigepflichtig sein, die Steueroptimierungsmodelle gegen Entgelt vermarkten. Der Meldung des Namens des Steuerpflichtigen sei nicht erforderlich. Ein einmal angezeigtes Modell solle nicht mehrmals anzeigepflichtig sein. Der Bestimmtheitsgrundsatz solle durch eine abstrakte Formulierung, die durch Positv- und Negativbeispiele ergänzt werde, gewahrt werden.Nach diesem Impulsreferat eröffnete die Journalistin Dr. Ursula Weidenfeld als Moderatorin die Diskussionsrunde. Insbesondere folgende Themen bestimmten den fachlichen Austausch: Rückmeldung an die Steuerpflichtigen? Zu der Frage, ob es unter dem Fairnessaspekt Rückmeldungen an die Steuerpflichtigen über die Akzeptanz gemeldeter Modelle geben solle, gab es sehr unterschiedliche Auffassungen. Nimmermann lehnte eine Zertifizierung für abstrakte Modelle klar ab. Auch Thomas Eigenthaler (Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft e.V.) sah hierfür keine Notwendigkeit. Er verwies vielmehr auf das Instrument der verbindlichen Auskunft, mit der zumindest er gute Erfahrungen gemacht hätte. Frau PD Dr. Christine Osterloh-Konrad (Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen) ergänzte, dass zumindest in anderen Ländern eine Zertifizierung als Gegenleistung für die Meldepflicht nicht zwingend sei. Anders sah das WP/StB Fritz Güntzler (Mitglied des Deutschen Bundestags, CDU). Für ihn war klar: Wenn der Gesetzgeber eine Anzeigepflicht fordere, müsse der Steuerpflichtige im Gegenzug mehr Rechtssicherheit erhalten. Damit war er ganz auf einer Linie mit DStV-Präsident Harald Elster. Die Planungssicherheit sei für Unternehmen, so Elster, unabdingbar. Alles andere würde zu einem ungerechtfertigten Risiko für Unternehmer führen. Bestimmtheit? Die Diskutanten stellten klar, dass die Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes sicher ein zentraler Punkt in der weiteren Diskussion um eine Anzeigepflicht sein wird. Güntzler traf dabei den Nerv der Beraterschaft: Ein Steuerberater müsse wissen, was er anzeigen muss. Dafür brauche er klare gesetzliche Aussagen. Nimmermann betonte, dass ganz klar vermarktbare Modelle im Fokus stehen sollten. Elster stimmte zu, dass die Anzeige von Steuergestaltungen, die eindeutig modellhaft vermarktet würden, zwar praktikabel sei, allerdings sehe er ein hohes Risiko, dass die politischen Wünsche weit darüber hinausgehen werden. Die Einschätzung von Osterloh-Konrad machte in dieser Hinsicht Mut. Sie erachtete eine Formulierung, die dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht wird, aus wissenschaftlicher Sicht für machbar. Allerdings wies sie auch darauf hin: Eine trennscharfe Formulierung einer anzeigepflichtigen Steuergestaltung könne am sinnvollsten umgesetzt werden, wenn sie sich auf die problematischsten Fälle beschränke. Offene Fragen Die Diskussion verdeutlichte, dass es durchaus Aspekte gibt, denen in der weiteren Planung einer Anzeigepflicht noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. So zeigte sich beispielsweise ein gewisser Widerspruch, was die Veröffentlichung gemeldeter Modelle in anonymer Form betrifft. Eigenthaler sprach sich gegen eine öffentliche Einsicht über gemeldete Modelle aus. Schließlich wolle man nicht noch Werbung für diese Modelle betreiben. Auch Nimmermann stand einer Veröffentlichung skeptisch gegenüber. Beide sahen sich dann jedoch mit der Frage von Güntzler konfrontiert, wie dieser Gedanke damit ein Einklang zu bringen sei, dass jedes Modell nur einmal gemeldet werden müsse. Schließlich wüsste ein Berater ohne Veröffentlichungen nicht, ob ein Modell der Finanzverwaltung bereits bekannt sei. Das führe zwangsweise zu Mehrfachmeldungen der gleichen Gestaltung. Nimmermann lenkte ein, dass noch nicht final entschieden sei, wie man die notwendige Transparenz umsetzen wolle. Die gemeinsame Diskussion sei hierfür in jedem Falle wichtig. Darüber hinaus erörterte das Podium Fragen aus dem Publikum zu Sanktionen bei Verletzung der Meldepflicht, zu steuerstrafrechtlichen Implikationen und zu Einschränkungsmöglichkeiten für die Meldepflicht mittels De-minimis-Grenzen. Der DStV wird das Thema weiter aktiv begleiten und steht mit seiner Expertise den Entscheidungsträgern gern konstruktiv zur Seite. An der sehr gelungenen und gut besuchten Veranstaltung nahmen DStV-Vizepräsident StB/RB Manfred F. Klar, DStI-Vizepräsident StB Torsten Lüth sowie DStV-Vorstandsmitglied StB Dipl.-Vw. Lars-Michael Lanbin teil. Für den DStV nahmen ferner sein Hauptgeschäftsführer RA/FAStR Prof. Dr. Axel Pestke, sein Geschäftsführer Syndikus RA/StB Norman Peters, die Leiterin der Steuerabteilung RAin/StBin Sylvia Mein sowie die Referenten Daniela Ebert, LL.M., und Dr. Jan Trommer, LL.M., teil. Stand: 12.3.2018 Lesen Sie hierzu auch: Anzeigepflicht für Steuergestaltungen: Was – Wie – Warum?


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