22.10.2018, Kategorie Archiv Europa

Reform des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) schreitet voran

Am 1.3.2012 trat das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in Kraft. Ziel war es, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung notleidender Unternehmen zu verbessern und dazu beitragen, dass das Insolvenzverfahren stärker als „Chance zur Sanierung“ verstanden und genutzt wird. Das ESUG stärkte die Gläubigerrechte bei der Auswahl von Insolvenzverwaltern, Eingriffe in die Gesellschafterrechte im Insolvenzplanverfahren wurden fortan zugelassen. Zusätzlich konnten im Rahmen des ESUG Forderungen in Eigenkapital (sog. Debt-Equity-Swaps) umgewandelt werden. Als Kernelement des Gesetzes wurde die Einführung des sog. Schutzschirmverfahrens geregelt. Ziel war es, die Eigenverwaltung zu stärken, um dem Schuldner eine eigenverantwortliche Gestaltung des Sanierungsprozesses zu ermöglichen und damit zugleich einen Anreiz für eine möglichst frühzeitige Insolvenzantragstellung zu setzen. Die Bundesregierung hat am 15.10.2018 im Bundesjustizministerium ihren Evaluationsbericht zur Wirkungsweise des ESUG vorgestellt. Der Bericht ist eine rechtstatsächliche und rechtswissenschaftliche Untersuchung der Wirkungsweise des ESUG und bewertet die ersten 5 Jahre nach Inkrafttreten des ESUG. Der Evaluationsbericht kommt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass die durch das ESUG eingeführten Änderungen von der Praxis weitgehend positiv angenommen wurden und dass eine Rückkehr zum früheren Recht nicht veranlasst werden sollte. Aus Sicht der Forscher besteht nach den Ergebnissen der Befragung auch kein zwingendes Bedürfnis für ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren. Dabei wird vor allem das Schutzschirmverfahren erwähnt. Es biete eine gute Alternative zur vorinsolvenzlichen Sanierung auf freiwilliger Basis. Dennoch verweisen die Verfasser vereinzelt auf Reformbedarf hin. So wird bspw. gefordert, klar definierte Ablehnungsgründe zu bestimmen, auf Grund deren die Eigenverwaltung abgelehnt oder vereinfacht aufgehoben werden kann. Auch wird eine stärkere Begrenzung des Zugangs zur Eigenverwaltung in eröffneten Verfahren gefordert. Zusätzlich schlagen die Experten vor, den Aufgabenbereich und die Vergütung des (vorläufigen) Sachwalters klarer zu umreißen und dem Sachverwalter mehr Eingriffsbefugnisse zu übertragen und zudem die Unabhängigkeit vom Schuldner (in Fällen des § 270a InsO Schutzschirmverfahren) zu stärken. Bei den vorangegangen Reformvorschlägen handelt es sich jedoch lediglich um Korrekturen in – wenn auch teils nicht unbedeutenden – Einzelfragen, ohne dass hierdurch die grundsätzliche Ausrichtung des ESUG in Frage gestellt würde. Das Bundesjustizministerium wird nun die Ergebnisse des Berichts im engen Austausch mit Expertinnen und Experten diskutieren und daraus gegebenenfalls notwendigen gesetzgeberischen Handlungsbedarf ableiten. Der DStV wird diese Entwicklungen aufmerksam beobachten und insbesondere auch im Rahmen einer anstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren (vgl. TB zum EU-Vorschlag zur Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens vom 14.5.2018), die demnächst in Brüssel verabschiedet werden soll, der Bundesregierung zur Seite stehen. Denn der Evaluationsbericht kommt zwar zu dem Ergebnis, dass sich die Aufgabenverteilung zwischen Richter- und Rechtspflegerschaft im Wesentlichen bewährt hat. Problematisch aus Sicht des DStV ist aber, dass die Kriterien für den Zugang zu den Vorauswahllisten der Insolvenzgerichte in Deutschland von einzelnen Insolvenzgerichten sehr unterschiedlich ausgelegt werden. Dabei wird den Anforderungen an die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse der Bewerber teils zu wenig Beachtung geschenkt. Daher ist erfreulich, dass das Europaparlament im Rahmen der Debatte zur EU-Richtlinie zur Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens nun fordert, dass Erfahrung und Expertise nicht nur in rechtlichen, sondern auch in betriebswirtschaftlichen Fragen für die Auswahl maßgeblich sein sollte. Für den DStV nahm Europarechtsreferent Dr. Jan Trommer an der Präsentation des Berichts im Bundesjustizministerium teil. Stand: 22.10.2018


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