15.04.2019, Kategorie Archiv

Erste Erfahrungen mit der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens

Die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens: Ein den Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) und den Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine e.V. (BVL) seit Jahren verbindendes Mammutprojekt. Der BVL lud den DStV auch dieses Jahr zu seinen alljährlichen Orga- und Fachbesprechungen mit Vertretern der Finanzbehörden und Beratungspraxis ein. Eine mit rund 50 Teilnehmern gut besuchte Tagung fand am 19.2.2019 in München statt. Sie bewies einmal mehr, dass das gegenseitige Verständnis für die Arbeitssituation der jeweils anderen Seite ein wichtiger Baustein zum Gelingen des Projekts ist. Vollautomationsgestützte Veranlagung nimmt zu Beim Erfahrungsaustausch zur ausschließlich automationsgestützten Veranlagung diskutierten die Teilnehmer die Quote, Durchlaufzeiten und Auswirkungen in den Finanzämtern. Es stellte sich heraus, dass sich die sog. Autofall-Quote für den Veranlagungszeitraum 2017 bundesweit deutlich erhöht hat. Sie liege in Bayern bei mehr als 15 % und betreffe vornehmlich die Veranlagungen von Arbeitnehmern und Rentnern. Die Durchlaufzeit liege in diesen Fällen etwa bei 14 Tagen. Bei einer manuellen Bearbeitung dieser Sachverhalte dauere der Erlass der Steuerbescheide hingegen häufig zwei bis vier Monate – so die Berichte aus der Praxis. Neben IT-Umstellungen sei einer der Verzögerungsgründe die Nachforderung von Belegen, die aus den Vorgaben des Risikomanagementsystems resultierten. Es dauere noch eine Weile, bis die einzelnen Bausteine des Modernisierungsvorhabens, wie der Wechsel von der Belegvorlage- zur Belegvorhaltepflicht und das Risikomanagementsystem, reibungslos ineinandergreifen – so die Erläuterungen der Vertreter der Finanzverwaltung. Die geplante Einführung eines elektronischen „Containers“ sei eines der Vorhaben zur Behebung entsprechender Probleme. Die mit der elektronischen Steuererklärung übermittelten Belege könnten in ihm gespeichert werden und wären für die Finanzverwaltung jederzeit abrufbar. Hinweise zum Wechsel von der Belegvorlage- zur Belegvorhaltepflicht Der Wechsel von der Belegvorlage- zur Belegvorhaltepflicht gestalte sich in der Praxis insgesamt noch nicht ganz einfach, wie der Austausch über die gegenwärtigen Praxiserfahrungen belegte. Die von der bayerischen Steuerverwaltung im Verbund unter anderem mit Vertretern des BVL entwickelten Empfehlungen zur Belegvorlage für Steuererklärungen ab 2017 böten gute erste Hinweise. Allerdings gäbe es Verbesserungspotenzial, um das Verfahren für Steuerpflichtige, deren steuerliche Berater und die Finanzverwaltung reibungsloser zu gestalten. Die Vertreter der bayerischen Finanzverwaltung betonten etwa, dass detailliertere Angaben die Glaubwürdigkeit erhöhen würden. So sollten in den Steuererklärungen keine kumulierten Werte angegeben, sondern alle Erfassungs- und Textfelder genutzt werden, um die Sachverhalte nachvollziehbar darzustellen. Darüber hinaus informierten sie die Teilnehmer, dass die digitale Belegübermittlung über das ELSTER-Portal voraussichtlich ab Ende 2020 möglich sein werde. Angesichts der hohen Sicherheitsbedenken sollten die Belege bis dahin nicht als einfache E-Mail, sondern in Papier eingereicht werden. Bedeutung des sog. qualifizierten Freitextfelds Ein weiteres Thema der Tagung waren die Erfahrungen mit dem sog. qualifizierten Freitextfeld. Die ursprüngliche Befürchtung der Finanzverwaltung, dass es zu einem flächendeckenden Einsatz der technischen Option kommen würde, trat nach einer ersten Auswertung nicht ein: Lediglich in ca. 2 % der Fälle solle sie genutzt worden sein. Es sei zudem eine überwiegend sinnvolle Nutzung des Felds durch die Beratungspraxis zu verzeichnen. Vertreter der Finanzverwaltung hoben in diesem Zusammenhang den Gastkommentar des DStV-Präsidenten WP/StB Harald Elster in der Fachzeitschrift DER BETRIEB mit dem Titel „Das qualifizierte Freitextfeld ist Freund und nicht Feind des Steuerpflichtigen“ (Der Betrieb, Nr. 46 vom 16.11.2018, M4 ff.) positiv hervor: Wie in dem Beitrag beschrieben, diene das Feld nicht zur Verschärfung der Mitwirkungspflichten. Vielmehr solle es die steuerstraf- und haftungsrechtlichen Risiken für Steuerpflichtige und deren steuerliche Berater reduzieren. Stand: 15.4.2019 Lesen Sie hierzu auch: Modernisierung des Besteuerungsverfahrens: Was – Wie – Warum?


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